Montag, 15. September 2014

Was machen wir bloß mit der bösen AfD?

Kuscheliges Nest für Unzufriedene
In der medialen Debatte ist die AfD heute das Topthema. "AfD wird zur salonfähigen Neuen Rechten" (Cicero), "Salon-Populisten im Glück" (SZ), "AfD schrumpft Merkels Machtoptionen" (Spiegel).
Spätestens nach diesem Wochenende müsste jeder den Namen dieser Partei kennen. Die "Alternative für Deutschland" (AfD) erzielte bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg zweistellige Wahlergebnisse und hat nun Anspruch auf Mitarbeiter und Büros in den beiden Landtagen. Die Partei versucht Politik zu gestalten. Was sie aber bestenfalls macht, ist unzufriedenen Bürgern ein kuscheliges Nest zu versprechen.

Auch wenn alle über die AfD sprechen, hat keiner ein Patentrezept oder eine Strategie, wie der neuen Partei begegnet werden soll. Die "etablierten" Parteien sind ratlos und reagieren fast trotzig auf diese rechtspopulistischen Eindringlinge, die Unruhe in das Parteiensystem bringen. Statt aber die Arme zu verschränken und zu sagen "Nee, mit denen spiele ich nicht!" oder "Ach, die verschwinden doch eh wieder, genau wie die Piraten!", sollten Politiker nun endlich aufwachen. So unschön es klingt: Die AfD ist keine reine Protestpartei. Politik und Bürger müssen auf die wachsende Frustration und/oder Verunsicherung in der Bevölkerung reagieren und eine ernsthafte gesellschaftliche Debatte führen. Die fand im Bankenrettungschaos der großen Wirtschafts- und Finanzkrise lange keinen Platz. 
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um Antworten auf Fragen wie diese zu entwickeln: Wie wollen wir leben? Wie können wir leben? Was läuft schief und wie möchten wir das verbessern? Denn: Rechtspopulismus ist ein europaweites Phänomen, das in Ländern wie Ungarn, Österreich und Frankreich schon etwas länger bekannt ist, in Deutschland geht es gerade erst wieder los. Rechtspopulismus beschränkt sich eben nicht nur auf Themen wie Ausländerkriminalität und Flüchtlinge, sondern lockt Wähler mit sozialen Themen. Um zu verstehen, wie das funktioniert, lohnt sich ein kurzer Blick in das Wahlprogramm der Brandenburger AfD.
  • Slogan: Mut zu Brandenburg - bodenständig und frei leben
  • Mit Bodenständigkeit ist dann im Kern Reduktion von Komplexität gemeint. Ein Beispiel: Die AfD möchte "[...] den Zusammenhalt unserer Gesellschaft fördern. Dafür gilt es, Staat und Gesellschaft denzentral, subsidär und bürgernah zu gestalten und so den Globalisierungs-, Zentralisierungs- und Größenwahn stoppen. Es gilt die wachsende Komplexität von staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen zu hinterfragen und sie so umzubauen, dass sie widerstandsfähiger, belastbarer und ausfallsicherer werden." (S. 5).
  • Es geht im Wahlprogramm aber auch darum, eine Art heile Welt zu kreieren, ein flauschiges Nest zu bauen und um nichts Größeres als eine "humane Gesellschaft" (S. 8). Dazu gehöre die Stärkung der lokalen Gemeinschaft, die durch den modernen Lebensstil, eine hohe Mobilität, Internet und soziale Netzwerke bedroht sei: "Die Bidungen und Verbindungen zu Menschen im eigenen Wohnumfeld, im Wohnort, verlieren damit an Bedeutung, mit der Wirkung, dass die städtische Anonymität sich immer mehr auch in den städtischen Vororten und im ländlichen Raum breit macht." (S. 8).
  • Auch Umweltthemen hat die Partei im Programm: "Brandenburg hat als Flächenland ein großes landwirtschaftliches Potenzial. Damit können nicht nur die eigenen Bürger, sondern auch die Berliner auf kurzem Wege mit gesunden Nahrungsmitteln ohne Gentechnik versorgt werden." (S. 7)
Es wäre so schön einfach, die AfD als vorübergehendes Phänomen totzuschweigen und zu ignorieren. Da das aber offensichtlich nicht funktioniert, wartet jetzt viel Arbeit auf Politiker, Medien, Forscher und die Zivilgesellschaft. Es ist nicht zu spät, sich aktiv für die Demokratie einzusetzen und Rechtspopulismus frühzeitig den Gestaltungsraum zu nehmen. Das klappt aber nur, wenn Wähler mit ihren Ängsten von der Politik ernst genommen werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass auf unbegründete Ängste eingegangen werden oder gar nach ihnen gehandelt werden sollte. Eine Auseinandersetzung mit ihnen reicht schon. 
Was meinst du?

Foto: pixabay.com

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