Sonntag, 13. Juli 2014

Politik und Ethik

Ethik und Moral, das sind zwei sehr bedeutungsvolle Worte, mit denen Politik immer wieder konfrontiert wird. Politik und Parteien werden auch in Deutschland häufig als "korrupt" bezeichnet. Damit wird hierzulande oftmals ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber politischen bzw. staatlichen Machenschaften ausgedrückt. Über Ethik und Moral in der Politik kann lange diskutiert werden. Ich möchte es kurz halten: Rechtliche Verstöße sind (fast) eindeutig identifizierbar, daneben gibt es jedoch viele Grauzonen, die in den Bereich Ethik und Moral fallen. PolitikerInnen und andere im staatlichen Kontext handelnde Individuen sollten daher wachsam und aufmerksam sein. Warum nicht im eigenen Haus aufräumen, bevor andere von außen kommen und diesen Job übernehmen? 
Zum ethischen Handeln gehört der Mut, Verstöße aufzudecken und Reformen anzuregen, auch wenn das aufwändig und unangenehm sein kann. Das Dilemma von Verantwortung: Wenn politische Akteure zu hohe normative Anforderungen an andere Akteure bzw. KollegInnen stellen, dann werden die anderen in Zukunft genauso streng hinschauen. Dann kann die gute Absicht "den Laden aufzuräumen" zum eigenen Verhängnis werden. Andererseits wird ein sich selbst verstärkender Kreislauf in Gang gesetzt, der alle beteiligten Akteure dazu zwingt, Verantwortung zu übernehmen und die Augen aufzuhalten.
Wenn sich jedoch die einzelnen Individuen in Politik und Parteien ihrer persönlichen Verantwortung nicht bewusst sein wollen, dann verstrickt sich das politische System in seinem Beziehungsnetzwerk bzw. -geflecht, das am Ende nur noch dem eigenen Nutzen und der eigenen Karriere dient, nicht aber der allgemeinen Bevölkerung. Langfristig fördert das politische System damit den eigenen Untergang, weil es von der Bevölkerung in der Form nur noch verachtet wird.

Und PS.: Über Verantwortung zu reflektieren macht zunächst mehr Spaß, als aktiv Verantwortung zu übernehmen.
Was meinst du?

Dienstag, 8. Juli 2014

Aufmerksamkeitszentrierung

Eine nachträgliche Erklärung zum gestrigen Blogeintrag "Hungern versus Fressen".
"Nachrichtenwerte sichern die Aufmerksamkeit des Publikums [...]: sie sind Mittel zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Aufmerksamkeitszentrierung und des Erhalts von Einschaltquoten und Auflagenhöhen." (Gerhards 1994: 91)* Diese Nachrichtenwerte wie Neuigkeit, Konflikte oder Veränderung von Quantitäten treiben mich als Zeitungsleserin also dazu, nach dem Artikel über Welthunger auch den über Fress-Wettbewerbe zu lesen. 
Veränderung von Quantitäten. Vorgestern war es noch eine Hungerskatastrophe, gestern eine zu 100% angekündigte Hungerskatastrophe. Und was ist es heute? So weit kommt es nicht, der Zeitungsleser ist da bereits hyperventiliert.
"Da die Rezeptionsmotivation des Publikums nicht per se gegeben ist, muß die Aufmerksamkeit für die von einem Medium verbreiteten Informationen vor allem unter Konkurrenzbedingungen erst erzeugt werden. Dies geschieht durch Anreize, die Auffälligkeiten sichern und beim Publikum Aufmerksamkeit auslösen." (Gerhards 1994: 91)*
Das Mediensystem hat also für sich die Aufgabe gefunden, ein krasses und übersteigertes Bild unserer Realität zu zeichnen. Statt uns aber schockiert unterm Bett zu verstecken oder vor den bösen Nachrichten aus der Tagesschau davonzurennen, sollten wir lieber sachlich und kühl überlegen, wie wir Lösungen für die Probleme dieser Welt finden. Die Medien bauschen auf, erfunden haben sie den Hunger jedoch nicht.
Was denkst du?

Foto: www.pixabay.com

* Gerhards, Jürgen (1994): Politische Öffentlichkeit. Ein system- und akteurstheoretischer Bestimmungsversuch. In: Neidhardt, Friedhelm (Hg.) Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Öffentlichkeit und soziale Bewegungen. S. 77-105.