Dienstag, 8. Juli 2014

Aufmerksamkeitszentrierung

Eine nachträgliche Erklärung zum gestrigen Blogeintrag "Hungern versus Fressen".
"Nachrichtenwerte sichern die Aufmerksamkeit des Publikums [...]: sie sind Mittel zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Aufmerksamkeitszentrierung und des Erhalts von Einschaltquoten und Auflagenhöhen." (Gerhards 1994: 91)* Diese Nachrichtenwerte wie Neuigkeit, Konflikte oder Veränderung von Quantitäten treiben mich als Zeitungsleserin also dazu, nach dem Artikel über Welthunger auch den über Fress-Wettbewerbe zu lesen. 
Veränderung von Quantitäten. Vorgestern war es noch eine Hungerskatastrophe, gestern eine zu 100% angekündigte Hungerskatastrophe. Und was ist es heute? So weit kommt es nicht, der Zeitungsleser ist da bereits hyperventiliert.
"Da die Rezeptionsmotivation des Publikums nicht per se gegeben ist, muß die Aufmerksamkeit für die von einem Medium verbreiteten Informationen vor allem unter Konkurrenzbedingungen erst erzeugt werden. Dies geschieht durch Anreize, die Auffälligkeiten sichern und beim Publikum Aufmerksamkeit auslösen." (Gerhards 1994: 91)*
Das Mediensystem hat also für sich die Aufgabe gefunden, ein krasses und übersteigertes Bild unserer Realität zu zeichnen. Statt uns aber schockiert unterm Bett zu verstecken oder vor den bösen Nachrichten aus der Tagesschau davonzurennen, sollten wir lieber sachlich und kühl überlegen, wie wir Lösungen für die Probleme dieser Welt finden. Die Medien bauschen auf, erfunden haben sie den Hunger jedoch nicht.
Was denkst du?

Foto: www.pixabay.com

* Gerhards, Jürgen (1994): Politische Öffentlichkeit. Ein system- und akteurstheoretischer Bestimmungsversuch. In: Neidhardt, Friedhelm (Hg.) Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Öffentlichkeit und soziale Bewegungen. S. 77-105.

Keine Kommentare: